Dass es am Jugendclubhaus nicht so weitergehen würde wie bisher, das war schon vor Corona klar – kaum Abwechslung im Angebot, weniger Gäste, weniger Umsatz, Veränderung musste her. Die wird inzwischen nicht länger nur in Worte gekleidet sondern ist tatsächlich sichtbar und das ist erfreulich, auch mit Blick auf die leidige Debatte um den Thomas-Mann-Club…
Schlicht und schick sieht es aus im neuen Gemeinschaftsraum des Clubhauses, ein großer Konferenztisch, mehrere Arbeitsplätze, Drucker, Leinwand, Webcam, Beamer und abschließbare Schränke, von denen einige schon vergeben sind. Für die Tür braucht es keinen Schlüssel, ein Smartphone mit der passenden App und den entsprechenden Zugangsdaten reicht und die öffnet bei Bedarf auch den Haupteingang. Wer es mit der Technik nicht so hat, der kann auch seinen persönlichen PIN eingeben, um die Tore des Clubhauses zu öffnen. Zur Not können die Mitarbeiter des Hauses per Fernzugriff aushelfen.
Zwölf Vereine und Initiativen aus dem Thomas-Mann-Haus werden wohl hier ihre neue Heimat finden. Die ersten Nutzungsverträge sind im Umlauf, der Belegungsplan steht, erzählt Thomas Herwig, Leiter des Kreisjungendrings. Sein Rezept für die Revitalisierung des alten Clubhaus heißt Digitalisierung Jugend und Soziokultur. Alles soll etwas schlanker, etwas einfacher werden und so nicht nur die Jugend locken, sondern möglichst jedem Interessensfeld einen Raum bieten, der unkompliziert genutzt werden kann. Das neue System für die Vereine und die Räume des Jugendclubs läuft automatisch, die Informationen wer welchen Raum wie lange genutzt hat oder wieviele Gäste im Haus sind, füllen keine Papierstapel sondern werden zentral und digital verwaltet, die Anmeldung wird auch über eine eigene Website möglich sein, die aber noch nicht „scharf“ ist.
Nicht nur bei den Vereinen aus dem Thomas-Mann-Haus habe das Rund-um-Paket Anklang gefunden, erzählt Christoph Rode, Leiter des Jugendclubhauses. Für den Moment rechne man mit gut 20 Initiativen, welche die neuen Räumlichkeiten nutzen wollen, wenn es wieder geht, vom deutsch-russischen Frauenforum, über Seniorentanzgruppen bis zu „Cosplayern“, also Freunden bunter Verkleidungen. Und man habe noch Luft nach oben.
Vier Säulen für die Zukunft
Dem Gemeinschaftsraum musste eine der vier Bars des Clubs weichen. Die hatte man dank Überbrückungshilfen in Eigenleistung zurückbauen können und dank Zuschlag aus dem Haushalt konnte man die ersten beiden Monate für den Um- und Ausbau nutzen. Das eine Ausschankstation wegfällt wird man verschmerzen können, denn auch in Sachen Clubleben will man neue Wege gehen, so es denn wieder möglich ist. Kleiner und feiner soll es werden, mit mehr Abwechslung im Programm, kürzeren Wegen für die Mitarbeiter und weniger Personaleinsatz.
Das Nachtleben sieht Herwig als eine von vier Säulen, die dem Haus die Zukunft sichern wollen. Die Soziokultur und das Vereinsleben sind eine weitere, die Vermietung sowohl der Büroräume als auch des Clubs eine andere. Säule Nummer vier und Schwerpunkt wird die traditionelle Jugendarbeit im Jugendclub sein. Mit der Anschaffung von „VR“-Technik Ende 2019 und einem ersten Ausflug in die Welt des elektronischen Sports im vergangenen Jahr ist der Zug der Digitalisierung hier schon angekommen und soll bald weiter rollen.
Zur Zeit gestaltet man in Zusammenarbeit mit dem Kreissportbund und dem jungen Zirkus Zappelini sportliche Angebote und Zirkusprogramm für den Lockdown und im Keller soll bei Zeiten eine Art Medienwerkstatt entstehen, das „Digital Youth Lab“. Neben Unterhaltungselektronik, VR-Brillen und der nötigen Ausstattung für Streaming-Formate im Netz soll sich die Jugend perspektivisch auch an Drohnen, Robotik und 3D-Druck ausprobieren können. Die Zielgruppe ist, um bei der Metapher zu bleiben, auf den Zug aufgesprungen: mehrere der „E-Sportler“, die sich 2020 die ausgefallene EM im Clubhaus nachspielten, haben sich der Sache angenommen, ihre Ideen gesammelt und der Kulturstiftung der Sparkasse vorgestellt. Ergebnis: 8.000 Euro für die Ausstattung. Die Erfahrung für zwei Nachwuchskräfte, die perspektivisch als „Juleica“-Absolventen & e-Sport Trainer Jugendgruppen leiten und ganz praktische Methoden Abseits von Mikro und Konsole erlernen sollen. Das nächste Projekt der e-Sportler steht schon fest, als nächstes soll die Champions-League digital organisiert und nachgespielt werden.
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär
Die Pläne zu Soziokultur, Medienkompetenz, Jugendarbeit und Nachtleben hat man in ein Nutzungskonzept gegossen und der Landkreisverwaltung vorgelegt. Nun heißt es warten. Warten, das dass Konzept Anklang findet und warten, dass der Virus wieder seiner Wege geht oder andere Pfade in Richtung Normalität umgesetzt werden. Eine robuste Teststrategie für die Kinder- und Jugendarbeit wäre ein gangbarer Weg. Man habe im Landkreis noch Glück das es die Möglichkeit gibt, sich kostenlos testen zu lassen, im Rest des Freistaates sehe das aber anders aus, sagte Herwig. Die Jugendarbeit sei eine wichtige Sozialisationsinstanz, und die Langzeitfolgen des Dauershutdowns nicht abzusehen. Gerade in den Sportvereinen wäre ein Lösung für die jungen Menschen mehr als angebracht, fügte Herwig an. Dabei könnten Fachkräfte, Sportvereine und Jugendliche selbst durchaus Hinweise geben, wie zumindest eingeschränkte Angebote möglich wären, etwa unter freiem Himmel. Erste Ansätze dazu gebe es inzwischen, aber auch dafür habe man ein Jahr Pandemie ins Land gehen lassen.
Bis auf weiteres wird man im Clubhaus in Lauerstellung verharren müssen. Aber: nach allem was zu sehen ist, scheint man bereit für den Neustart.
Angelo Glashagel
QUELLE: https://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=288832